Kleiner Reminder, dass Meinungen eigentlich gar nicht so wichtig sind. Aber Haltung. Die schon.
Meinungen und ihre Äußerung sind seit etwa zehn Jahren wieder sehr populär, gerade in öffentlichen Diskursveranstaltungen wie etwa sozialen Medien oder Feuilletons, aber auch überall sonst.
Online, wie wir alle wissen, ist sowieso der Ort, wo das Allerbeste im Menschen zum Vorschein kommt.
Unheimlich viele Menschen sind unheimlich heiß darauf, gerade dort ihre MEINUNG abzuladen. Dabei denken sie, weil sie das KÖNNEN und DÜRFEN, MÜSSEN sie es tun und jeder müsste das ungefragt akzeptieren, schließlich gilt in DEUTSCHLAND ja IMMER NOCH MEINUNGSFREIHEIT.
Jetzt ist es ja so, dass vielfach da, wo MEIUNGSFREIHEIT als GUT hochgehalten wird, menschenfeindlicher Schmutz gegen Kritik imprägniert werden soll, indem er als MEINUNG deklariert auf ein Podest gehoben wird.
Dabei sind Meinungen einfach scheißegal. Meinungsfreiheit ist ein Schutzrecht der Bürger gegenüber dem Staat, das heißt:
- für eine Meinungsäußerung kann man in Deutschland nicht belangt werden.
Das heißt nicht:
- Meinungsäußerungen an sich haben einen (inhaltlichen) Wert
- sie müssten unwidersprochen hingenommen werden
- rassistisches Arschlochtum ist zulässig, wenn man es als MEINUNG kleidet
Ich habe es mir deshalb zur Angewohnheit gemacht, Rotz zügig wegzublocken. Blocken. Ist. Selfcare. Blocken hält die Timelines sauber und ist wirklich gut für die Nerven. Natürlich ist mir bewusst, dass ich damit in einer privilegierten Position bin. BIPoC1 etwa, oder FLINTA2 können zwar versuchen, Arschlöcher online weitgehend auszusperren, offline geht das aber nicht.
Blocken. Ist. Selfcare.
Sie müssen jeden Tag mit (verbalen) Angriffen und deren psychischen und physischen Folgen leben, während irgendwelche Jockel, die nur mal ihre MEINUNG zum Ausdruck bringen wollen, sich abends hinlegen und einfach einschlafen. Womöglich halten sie sich dabei noch für rechtschaffene Menschen.
Es wäre an uns, der verfluchten Mehrheitsgesellschaft, die sich gerne offen und menschenfreundlich gibt, in jeder dieser Situationen den Mund aufzumachen und diesen Leuten ihre Worte verbal (oder auch mal nicht) in den eigenen Hals zu stopfen. Viel mehr Menschen müssen sehen, dass halbwegs anständiges Sozialverhalten gegenüber unseren Mitmenschen selbstverständlich ist, auch wenn sie nicht so aussehen oder sich so verhalten wie die Protagonist*innen in Sturm der Liebe.
Das ist dezidiert nicht die Aufgabe der Menschen, die von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind. Die leisten ohnehin schon vielfach mehr als sie müssten, indem sie immer wieder in Medien oder persönlichen Gesprächen darauf hinweisen, was geht und was nicht. We need to educate ourselves. Rassismus. Sexismus. Feminismus. Intersektionalität.
Anmerkungen
- BIPoC ist die gebräuchliche Abkürzung für Black, Indigenous, and People of Color, einem Sammelbegriff für Menschen, die Rassismus ausgesetzt sind und die damit ein Set an rassistischen Erfahrungen teilen.
- FLINTA ist ein Akronym für (cis hetero) Frauen, Lesben, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen, Trans Menschen und Agender. Auch sie sind (meist mehrfach) von Diskriminierung betroffen.
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